10.11.2023

Medienschaffende aufgepasst: ChatGPT kann nützlich sein, jedoch nicht als Quelle

Veranstaltungen

61 16 JMRG

Foto (TLM) v. l.: Prof. Clemens Beckstein, Prof. Dr. Christoph Neuberger, Dr. Till Kreutzer, Prof. Dr. Christian Alexander

16. Jenaer Medienrechtliche Gespräche am 9. November 2023 mit Rekordteilnahme

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) oder Large Language Models (LLMs), insbesondere von ChatGPT, prägt zunehmend auch die Medientätigkeit und wirft zahlreiche Fragen auf. Die 16. Jenaer Medienrechtlichen Gespräche von Friedrich-Schiller-Universität (FSU) und TLM am 9. November standen daher unter dem Thema „Die automatisierte Kommunikation – ChatGPT als Fluch oder Segen?“.

In der von interessanten Beiträgen geprägten Veranstaltung tauschten sich Fachleute aus Medienrecht, Informatik, Wissenschaft und Medien mit einer Rekordanmeldung von mehr als 200 Interessierten über Chancen und Risiken der neuen Technologie aus. Dabei ging es um eine ganze Reihe technischer, rechtlicher, ethischer und sozialer Fragen, insbesondere in den Bereichen Medien, Bildung und Wissenschaft.

Prof. Clemens Beckstein, Universitätsprofessur für Praktische Informatik (Künstliche Intelligenz), Friedrich-Schiller-Universität Jena, erklärte die Funktionsweise von ChatGPT und stellte klar, „dass die Software Antworten assoziiert, die möglichst passend sein sollen, aber denen aufgrund der systemimmanenten Informationsverluste und Verzerrungen letztlich keinerlei Geltungsanspruch zukommt. ChatGPT gibt nicht die Wahrheit wieder, sondern lediglich die auf Wahrscheinlichkeitsrechnung basierende „gemainstreamte“ Menschheit. Soweit diese Technologie aber intelligent genutzt wird, kann sie den Nutzenden und damit der gesamten Gesellschaft enorme Potentiale eröffnen.“

Dr. Till Kreutzer, iRights.Law Rechtsanwälte, stellte den derzeit für die Nutzung von ChatGPT gültigen Rechtsrahmen dar und verdeutlichte insbesondere, „dass die KI-Ergebnisse keinen urheberrechtlichen Schutz genießen, also gemeinfrei sind. Dies gilt jedenfalls soweit, soweit bestehende Werke nicht nahezu eins zu eins wiedergegeben werden, sondern zum Beispiel nur stilistisch ähnlich sind. Hierin liegen keine Urheberrechtsverletzungen. Zugleich kann die ungeprüfte Verwendung des Outputs von KI gegen journalistische Sorgfaltspflichten verstoßen oder zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen führen.“

Prof. Dr. Christoph Neuberger, Wissenschaftlicher Geschäftsführer, Vorstand, Direktor des Weizenbaum-Instituts, informierte darüber, dass verschiedene KI-Anwendungen schon seit längerer Zeit genutzt werden, insbesondere bei Recherche, Verifikation, Selektion, Präsentation, Moderation und Distribution. Hierauf aufbauend mahnte er, dass „trotz mangelndem Wahrheitsanspruchs die Nutzungsergebnisse von ChatGPT zunehmend so gestaltet sind, dass sie dennoch als glaubwürdig wahrgenommen werden. Zudem stehen mangelnde Aktualität und fehlendes Wissen um die Quelle einer unreflektierten Nutzung durch Journalistinnen und Journalisten entgegen.“

Die Gastgeber der Veranstaltung, Prof. Dr. Christian Alexander (FSU) und Jochen Fasco (TLM), sahen neben den Chancen des technischen Fortschritts und z. B. der Arbeitserleichterung für Journalistinnen und Journalisten die Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, den Wahrheitsgehalt von Informationen, egal ob dokumentiert durch Text, Bild, Audio oder Video zu überprüfen. „Daher wird es immer wichtiger werden, dass die Bevölkerung den Journalistinnen und Journalisten vertrauen kann, was wiederum gute journalistische Arbeit voraussetzt. Außerdem brauchen wir alle in der KI-Welt mehr Medien- und Digitalkompetenz.“

Hinweise:
Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie zu den vergangenen Jenaer Medienrechtlichen Gesprächen einschließlich der Videos zu den Veranstaltungen

Am 16. Mai 2024 gehen die Jenaer Medienrechtlichen Gespräche von TLM und FSU in die nächste Runde. Eine Einladung folgt rechtzeitig und wird auch im Newsletter der TLM bekanntgemacht.

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