23.05.2017

Gegen Manipulation durch Algorithmen und Social Bots mit Transparenz, Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz

Allgemeine Medienthemen

5. Jenaer Medienrechtliche Gespräche von FSU und TLM zum Thema „MASCHINE.MACHT.MEINUNG – Der digitale Mensch auf dem Weg zur gläsernen Marionette?“ Das Internet wird vielfach genutzt, um Bürger zu informieren und zu beeinflussen, aber auch um Fake News zu verbreiten. Für die Verbreitung der Inhalte werden zunehmend Algorithmen und Social Bots verwendet. Anlässlich des beginnenden Bundestagswahlkampfs stellt sich daher gerade für Politiker die Frage, wie sie den Wähler erreichen und welchen Einfluss Algorithmen und Social Bots auf die Meinungsbildung und eventuell die Wahlentscheidung haben. Auf Einladung von Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) und TLM diskutierten namhafte Wissenschaftler und Politiker am 22. Mai 2017 beim 5. Jenaer Medienrechtlichen Gespräch unter dem Titel „MASCHINE.MACHT.MEINUNG – Der digitale Mensch auf dem Weg zur gläsernen Marionette?“, wie unsere Gesellschaft auf den massenhaften Einsatz von Algorithmen und Social Bots bei der Meinungsbildung reagieren sollte und kann. Prof. Dr. Sebastian Stiller von der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig verdeutlichte, „dass Algorithmen aus unserem Alltag nicht mehr weggedacht werden können. Die Menschen sollten daher zumindest grob verstehen, wie Algorithmen funktionieren und die Kriterien kennen, nach denen entschieden wird.“ Hieran anknüpfend erläuterte Prof. Dr. Joachim Scharloth von der Technischen Universität Dresden Funktionsweise und Gefahrenpotential insbesondere von Bot-Netzwerken. Er sah in „Algorithmen und Social Bots eine konsequente Weiterentwicklung der Filterfunktion von Medien, die nunmehr individuelle und versteckte Ansprachen ermöglichen.“ Gerade auf den heimlichen Einsatz von Social Bots muss die Gesellschaft reagieren können. Die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen Algorithmen und Social Bots eingesetzt werden dürfen, beschrieb Prof. Dr. Hubertus Gersdorf von der Universität Leipzig. Er erklärte, „dass der Einsatz von Bots unter bestimmten Voraussetzungen von der Meinungsfreiheit erfasst sein kann. Für Bots, die über ihre Identität täuschen, ist dies aber noch ungeklärt.“ Weiterhin forderte er, Bots zu kennzeichnen. „Die Betreiber sozialer Netzwerke“, so Prof. Gersdorf, „sollen Bot-Erkennungssoftware einsetzen.“ TLM-Direktor Jochen Fasco verwies darauf, dass Algorithmen und Bot-Technologien positive und negative Seiten haben. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen für Algorithmen und Bots bedarf es weiterer gesellschaftlicher Antworten. Fasco sprach sich neben der Intensivierung der Medienkompetenzaktivitäten für eine Stärkung des Qualitätsjournalismus aus: „Entscheidend ist, dass den kompetenten Nutzern künftig klar wird, ob sie technisch manipuliert werden. Transparenzpflichten können hier eine notwendige Unterstützung sein.“ Das 5. Jenaer Medienrechtliche Gespräch endete mit einer von Prof. Dr. Christian Alexander von der FSU und Nils Kawig, Chefredakteur der Thüringischen Landeszeitung, moderierten Diskussion. In der Diskussion im Podium und den mehr als sechzig Teilnehmern waren mit Marion Walsmann MdL (CDU), Dorothea Marx MdL (SPD), Katharina König-Preuss MdL (DIE LINKE), Madeleine Henfling MdL (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Stephan Brandner MdL (AfD) Vertreter aller im Landtag vertretenen Fraktionen beteiligt. Zur aktuellen medienpolitischen Diskussion zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz des Bundes machte Prof. Gersdorf deutlich, dass er es als verfassungswidrig ansehe: „Nicht der Bund, sondern die Länder sind zuständig.“ Im lebhaften und engagierten Diskurs im Podium war erkennbar, dass es sinnvoller sei, anstelle eines Bot-Verbots eher die Umsetzung einer Bot-Kennzeichnung zu diskutieren, wofür es dann gesetzliche Standards für den Bot-Einsatz sowie kompetente Mediennutzer braucht. Hinweise:
Wie üblich werden in Kürze Teile der Veranstaltung als Podcast und Videofile in den Internetangeboten von TLM und FSU nacherlebt werden können. Am 21. November 2017 gehen die Jenaer Medienrechtlichen Gespräche von TLM und FSU in die nächste Runde. Als Thema ist „Jugendschutz 4.0 - Benötigt der Jugend(medien)schutz ein Update für die digitale Welt?“ vorgesehen. Eine Einladung folgt rechtzeitig und wird auch im Newsletter der TLM bekannt gemacht. Die Anmeldung zum Newsletter der TLM ist hier möglich.